Bergwacht Sommerrettungslehrgang
15.-21.6.2008
von Simon Preiß
Sonntag, 15.6.08
Heute nun sollte ich die letzte Hürde auf dem langen Weg zum ausgebildeten Bergwachtmann in Angriff nehmen, den einwöchigen Sommerrettungslehrgang der Bergwacht Allgäu auf dem Prinz-Luitpold-Haus bei Hinterstein.
Früh morgens ging es los, denn um 8.30 war Treffpunkt am Busbahnhof in Bad Hindelang.
Dort angekommen wurde das Gepäck für eine Woche auf die Geländewägen verteilt. Bevors schließlich losging mussten wir noch auf die „Hindelanger“ warten, die, obwohl sie die allerkürzeste Anreise hatten, merkwürdigerweise als letzte erschienen.
Ziel war die Materialbahn des Luitpold-Hauses, dort luden wir unsere doch sehr schweren Rucksäcke in die Seilbahn und begannen den ca. einstündigen Anmarsch zur Hütte.
Dieser war, da ohne Gepäck und bei (noch) strahlendem Sonnenschein, eine gute Einstimmung auf die kommende Woche in den Bergen.
Auf der Hütte angelangt bezogen wir unser Gemeinschaftslager und nach einer kleinen Stärkung zu Mittag begann der Lehrgang mit der offiziellen Begrüßung durch unseren Lehrgangsleiter Hannes Rädler.
Danach stand bereits das erste Ausbildungsthema auf dem Programm: Sicherungstheorie und Ausrüstung. Die theoretischen Ausbildungen fanden innerhalb der Hütte in einem abgetrennten Ausbildungssaal statt.
Der Nachmittag brachte immer schlechteres Wetter. Als wir nach dem Abendessen zur ersten Praxisstation, den Sturzversuchen auf den Schneefeldern unterhalb des Wiedemerkopfes, erscheinen sollten, war das schöne Wetter vom Vormittag bereits einem Sturm mit Dauerregen gewichen. Gnädigerweise wurde diese Ausbildung auf den nächsten Tag verschoben, sodass wir noch ein paar Stunden länger trockene Schuhe und Klamotten hatten.
Stattdessen erhielten wir noch eine Theorieeinheit über Gebirgsluftrettung.
Montag, 16.6.08
Das Wetter war auch heute keineswegs besser als am Tag zuvor. Aber nun gab es keinen Aufschub mehr, der straffe Zeitplan bot keine weitere Möglichkeit zu einer Änderung.
Also verließen wir die Hütte nach dem Frühstück und einer kurzen theoretischen Unterweisung im Verankerungsbau, um das Bremsen im Firn nach einem Sturz zu trainieren.
Obwohl dies eine „nasse Angelegenheit“ war, hatten fast alle ihren Spaß dabei, ein steiles Schneefeld hinunterzurutschen, mal kopfüber, mal rückwärts .Nicht selten kam es zu Überschlägen, die aber alle glimpflich ausgingen.
Zum Mittagessen gingen wir wieder zurück in die Hütte, und am Nachmittag, frisch gestärkt und in frischen trockenen Klamotten begann die Ausbildung an vier Stationen: Verankerungsbau, der Umgang mit der Gebirgstrage und dem Luftrettungsbergesack sowie das Verhalten beim Windenvorgang am Hubschrauber.
Abends erhielten wir noch eine Theorielektion über Behelfsmäßige Bergrettung.
DAS Prüfungsthema das von fast allen am meisten gefürchtet wurde, und bei dem einige noch ziemliche Probleme hatten. Deswegen wurde dieser Abend von einigen genutzt dies noch einmal selbständig zu üben. Auch die Fußballfans unter uns kamen auf ihre Kosten. Auf einer eigens mitgebrachten SAT-Anlage und einem kleinen Fernseher konnten sie die Spiele der deutschen Elf mitverfolgen.
Dienstag, 17.6.08
Nach einem Unterricht über Alpine Gefahren begann die „Stationsausbildung“: Dabei galt es vier verschiedene Stationen zu bewältigen die jeweils einen halben Tag dauerten.
Meine erste Station am Dienstagvormittag führte mich Richtung Kreuzspitze. Auf halbem Weg dorthin übten wir den Verankerungsbau im Fels mit mobilen Sicherungsmitteln (Klemmkeile, Köpfelschlingen) und führten schließlich eine Bergung mit der Gebirgstrage und dem Statikseil durch.
Die zweite Station am Nachmittag sollte in der steilen Schneerinne des Wiedemerkopfes stattfinden, mit dem kompletten Material (Gebirgstrage, Statikseil, Verankerungsmaterial…) stiegen wir die Wiedemerrinne nach oben. Dort angelangt sicherten wir die Trage mit dem „Patienten“ an einer Pickelverankerung, die wir mit drei Eispickeln im Schnee angelegt hatten. Anschließend fuhren wir die ca.350m lange Rinne mithilfe der Bremsplatte ab.
Da unser Statikseil an dem die Trage lastete nur 100m lang war mussten wir noch 3 weitere Pickelverankerungen bauen bis wir schließlich wieder die Hütte erreicht hatten.
Und nach 2 Tagen Regen zeigte sich nun auch noch für wenige Stunden die Sonne, sodass prompt alle ihr nasses Gewand zum trocknen ins Freie legten.
Doch die nächsten Wolken ließen nicht lange auf sich warten, sodass der für Mittwoch geplante Flugtag mit dem SAR-Hubschrauber aus Penzing auf Donnerstag verschoben wurde. Der Tag endete wieder mit dem üblichen Theorieunterricht, diesmal war es Funkwesen. Überschattet wurde der Dienstag allerdings noch von einem Unfall.
Eine Anwärterin war vor dem Abendessen noch schnell die Wiedemerrinne hinaufgestiegen um diese anschließend mit Firngleitern abzufahren. Dabei verlor sie die Kontrolle auf dem harten Schnee und schlitterte ungebremst in eine Randspalte. Mittels Gebirgstrage konnten wir sie jedoch schnell bergen und nach einer Versorgung durch unseren Lehrgangsarzt war klar dass eine weitere Behandlung im Krankenhaus stattfinden muss. Der Abtransport erfolgte nun mit dem Christoph 17 aus Kempten.
Mittwoch, 18.6.08
Da der Hubschrauber nun abbestellt war, wurde mit der Stationsausbildung fortgefahren.
Und die spannendste erwartete mich an diesem Vormittag. Gemeinsam mit 2 Ausbildern stiegen wir hinauf zur Hochabseilstelle. Schon der Name versprach eine aufregende Ausbildung. Der Zustieg erfolgte über einen seilversichterten Schrofenvorbau. Oben angelangt bauten meine Kameraden und ich eine Ausgleichsverankerung an 3 Bohrhaken und bereiten alles darauf vor, zwei Personen mit dem Statikseil 100m über eine senkrechte Felswand abzulassen. Der Tiefblick aus der Wand war tatsächlich grandios. Unten angelangt stiegen wir noch einmal den Weg hinauf um selbst die Bremsplatte zu bedienen während zwei andere Anwärter über dem Abgrund hingen.
Die letzte Station sollte in einem Klettergarten in der Nähe der Hütte stattfinden. Dort übten wir behelfsmäßige Bergemethoden. Zum einen den Schweizer Flaschenzug, mit dem man verletzte Kletterer mit einfachen Mitteln und ohne professionelle Hilfe bergen kann, sowie die Seilverlängerung. Abschließend probierten wir unter fachlicher Anweisung durch unsere Ausbilder noch die Zwei-Mann-Bergemethode. Dabei wird eine verletzte Person auf dem Rücken des Retters aus absturzgefährdetem Gelände geborgen.
Den Rückweg zur Hütte konnte ich ganz bequem zurücklegen, nämlich fest eingeschnürt in einer Biwaksackschleife.
Das Wetter hatte sich inzwischen gebessert, so konnten wir die Zeit vor dem Abendessen noch entspannt auf der Sonnenterrasse der Hütte verbringen. Doch die Erholung war nur von kurzer Dauer den für heute war noch eine nächtliche Einsatzübung angesetzt.
Unser Verletzter lag unterhalb der Kreuzspitze in einer Randkluft. Also mussten wir zu allererst das ganze Material ca. 1h bei „Bergwachttempo“ hinauftragen.
Nach der medizinischen Versorgung wurde der Patient in der Gebirgstrage über eine Firnflanke hinabgeseilt. Durch den schneereichen Winter war unser kompletter Abstieg noch schneebedeckt, was für uns bedeutete unzählige Pickelverankerungen zu schaufeln. Im Schein der Stirnlampen erreichten wir nun gegen halb 1 wieder sicher die Hütte.
Donnerstag, 19.6.08
Obwohl alle nur wenig geschlafen hatten, war man am Donnerstag schnell hellwach und voller Vorfreude denn heute sollte der Hubschrauber kommen.
Gegen halb 10 traf die Maschine am Luitpold-Haus ein. Zuerst erhielten alle eine kurze Sicherheitsunterweisung durch die Besatzung, danach übten wir das Ein- und Aussteigen im Schwebeflug und dann den Winchvorgang mit der Stahlseilwinde des Hubschraubers. Der Hauptteil der Übung bestand nun daraus, in 3er Gruppen mit einem Luftrettungssack in der Umgebung der Hütte abgesetzt zu werden einen Patienten zu versorgen und vom Helikopter mittels heraufwinchen wieder abgeholt zu werden. Mit meinen Kameraden Maggy aus Hindelang und Borgi aus Hinterstein saß ich nun auf einem kleinen Schneefeld oberhalb der Hütte. Maggy war unser Patient den wir sicher im Bergesack verpackten und auf die Rückkehr des Helikopters warteten, der uns wieder zurück zur Hütte bringen sollte. Als wir drei nun sicher in den Hubschrauber hinaufgewincht worden waren, drehte der Pilot ab und setzte uns wieder am Landeplatz ab. Da der Treibstoff auf 2.5 h Flugzeit begrenzt war, verließ uns die Maschine leider schon wieder viel zu früh.
Der Nachmittag war uns nun freigestellt, da es schön sonnig war verbrachten wir ihn im Freien mit Lernen für die morgigen Prüfungen.
Doch davor stand noch einmal ein Fußballabend vor dem Fernseher an.
Freitag, 20.6.08
Nun war es soweit, die Prüfungen standen vor der Tür.
Aber nach einer Woche voller Ausbildung und der Prüfungsvorbereitung am Tag zuvor war ich ganz guter Dinge. Zu allererst mussten wir die Theorieprüfung schreiben, naja eigentlich mussten wir nur Multiple Choice Fragen beantworten =). Anschließend stand die Luftrettungsprüfung auf dem Programm. Dabei mussten wir zum einen Fragen z.B. zur Beschaffenheit eines Hubschrauberlandeplatzes beantworten, zum andern den richtigen Umgang mit dem Windenhaken und dem Luftrettungsbergesack demonstrieren.
Vor dem Mittagessen war für Madeleine, meiner Prüfungspartnerin, und mich noch die Prüfung in behelfsmäßiger Bergrettung angesetzt. Dabei musste ich die zuvor erlernten Flaschenzüge und Rettungsmethoden vorführen, während Madeleine den Verletzten spielte. Vor unserer letzten Prüfung in organisierter Bergrettung hatten wir noch eine Verschnaufpause. Erst nach Mittag traten wir zu dieser an. Hier sollten wir den korrekten Umgang mit der Gebirgstrage und den Aufbau einer Blockverankerung mit einem Bergseil zeigen, und abschließend noch eine Dreipunktverankerung bauen. Eine Last, in meinem Fall mein Ausbilder Peter, ein Stück mit dem Statikseil ablassen und ihn anschließend per Flaschenzug wieder hinaufwuchten. Auch am Freitag hatten wir wieder super Wetter, sodass wir die bestandenen Prüfungen schön feiern und eine tolle und lehrreiche Woche gut ausklingen lassen konnten. Krönender Abschluss war dann unser Kameradschaftsabend, der wegen einzuhaltender Hüttenruhe in den benachbarten Winterraum ausgelagert werden musste, was der Stimmung und dem Alkoholpegel jedoch keinen Abbruch tat. Mitgefeiert haben natürlich auch unsere Ausbilder, sichtlich erleichtert über das Ende des Lehrgangs.
Samstag. 21.6.08
Nun war der Lehrgang endgültig vorbei, ein letzter Prüfstein war nur noch der Abstieg zur Materialbahn, der für viele aufgrund des Restalkohols ziemlich anstrengend war.
Danach gings wieder ab nach Hause.