Bayerns schönste Geotope - Nr. 59
Bayerns schönste Geotope ist eine Projektinitiative des Bayerischen Landesamt für Umwelt:
Als "Bayerns schönste Geotope" werden Objekte wegen ihrer Schönheit, Seltenheit, Eigenart oder ihrem hohen wissenschaftlichen Wert bezeichnet. Sie sollen für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sein, denn diese Stellen gestatten, wie durch ein Fenster, einen Blick weit zurück in die Erdgeschichte Bayerns.
Glimmerschiefer am Osser
Im Gegensatz zu allen anderen großen Bergen des Bayerischen und Oberpfälzer Waldes ist das Osser-Massiv aus Glimmerschiefern und Quarziten aufgebaut. Bei der Bildung dieser Gesteine herrschten andere Bedingungen als bei den sonst vorherrschenden Graniten und Gneisen.
Sie entstanden aus tonigen Ablagerungen, die unter hohen Temperaturen und Drucken im Erdinneren umgewandelt wurden.
Entstehung der Glimmerschiefer
Die meisten der heute im Bayerischen Wald vorkommenden Gesteine entstanden in einem Zeitraum vor ca. 600 bis 250 Millionen Jahren. Man geht davon aus, dass im Bereich des heutigen Osser-Massivs zur Zeit des Silurs vor ca. 420 Millionen Jahren in einem flachen Meeresbecken Tone, untergeordnet auch Sande abgelagert wurden. Durch Absenkung des Gebiets und Überlagerung mit jüngeren Sedimenten verfestigten sich die lockeren Ablagerungen zu Ton- bzw. Sandstein.
Während der variszischen Gebirgsbildung im Karbon und Perm kollidierten die damaligen Nordkontinente Baltica und Laurentia mit dem Südkontinent Gondwana, zu dem auch der Bereich des heutigen Bayerischen Waldes gehört. Bei der Kollision gelangten vor etwa 350 bis 320 Millionen Jahren Gesteine in größere Tiefen, wo sie eine Umwandlung erfuhren. Aus den ehemaligen Tonsteinen entstanden Glimmerschiefer, aus Sandsteinen Quarzite. So findet man heute beispielsweise Glimmerschiefer am Gipfelfelsen von Großem und Kleinem Osser, während beim Sattelparkplatz Quarzite vorkommen.
Metamorphose und Gebirgsbildung
Bei einer Gebirgsbildung aufgrund der Kollision von Kontinenten werden Gesteinsplatten übereinander gestapelt und sinken wegen ihres hohen Gewichtes in größere Tiefen ab. Dadurch nehmen Druck und Temperatur auf die Gesteine zu und sie werden umgewandelt. Unter den Bedingungen, die bei der variszischen Metamorphose mit ca. 550 bis 600°C im Bereich des heutigen Ossers herrschten, konnten sich in den Tonsteinen neue Minerale bilden.
Aus Tonmineralen entstanden beispielsweise Glimmer. Da der Druck bei einer Gebirgsbildung nicht gleich gerichtet ist, wachsen neue Minerale nicht in alle Raumrichtungen in gleicher Weise, sondern passen ihr Wachstum dem herrschenden Druckfeld an, sie regeln sich ein. So entsteht die so genannte Schieferung, die bei einem Glimmerschiefer wie am Osser besonders deutlich ausgebildet ist.
Wie kommt das Gestein an die Erdoberfläche?
Die metamorphe Umwandlung der Gesteine, die heute den Osser aufbauen, zu Glimmerschiefern und Quarziten erfolgte in einer Tiefe von etwa 10 bis15 km. Im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung nach der variszischen Gebirgsbildung bis zur heutigen Zeit muss das Gebiet also eine entsprechend große Hebung erfahren haben und gleichzeitig wurden die ursprünglich überlagernden Gesteine abgetragen.
Bei einer Gebirgsbildung durch die Kollision kontinentaler Platten kommt es zu einer Krustenverdickung. Die verdickte und damit schwerere Kruste taucht deshalb in den Erdmantel ein. Weil jedoch die kontinentale Kruste eine geringere Dichte als der Erdmantel aufweist, erfolgt darauf hin eine Hebung der gesamten Krustenregion; gleichzeitig wird das herausgehobene Areal durch Erosion abgetragen. Der Prozess von Hebung und Abtragung setzt sich so lange fort, bis ein Gleichgewicht erreicht ist.
Nach dem Ende der variszischen Gebirgsbildung vor ca. 270 Millionen Jahren wurde das Gebirge durch Krustenbewegungen in einzelne Blöcke zerlegt, die dann unterschiedlich gehoben bzw. gesenkt wurden. Im Bayerischen Wald erfolgte eine starke Hebung, durch die gleichzeitige Erosion gerieten ehemals tief versenkte Gesteine wie der Glimmerschiefer des Osser-Gipfels wieder an die Erdoberfläche.
Weiterführende Informationen
Links:
=> Geotopschutz in Bayern - Zielsetzung und Hintergrund
=> Geotoprecherche - Informationen zu über 2000 Geotopen
Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Fachbereich Geologie
Ansprechpartner für Geotope:
Dr. Ulrich Lagally | 089/ 9214 - 1270 |
|